Menschliches Lebergewebe funktioniert bei Mäusen
Jul.
An der biomedizinischen Vision, dass eine neue Niere, Leber oder gar ein Herz, aus den eigenen Stammzellen des Patienten stammt, beschäftigen sich die Forscher schon seit längerem. Japanischen Wissenschaftlern ist ein Erfolg gelungen, denn sie behandelten menschliche Stammzellen so, dass sie sich zu Leberzellen entwickelten und Gewebestrukturen bildeten. Wie die Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichteten, transplantierten sie das Gewebe in Mäuse.
Es dauerte nach der Transplantation zwei Tage, bis das menschliche Lebergewebe mit den Gefäßen im Bauchraum der Mäuse verbunden war. Die Forscher griffen zu einem Trick, um herauszufinden, ob das Lebergewebe auch seiner Funktion im Stoffwechsel nachging: Sie gaben den Mäusen Wirkstoffe, die anders verarbeitet werden als beim Menschen. Typische Abbauprodukte waren im Urin der Tiere des menschlichen Stoffwechsel nachzuweisen. Das fremde Lebergewebe arbeitete also.
Keine embroyonalen Stammzellen
Der Bonner Stammzellenforscher Oliver Brüstle bezeichnete die Arbeit der Japaner als beeindruckende Publikation. Diese stehe für eine Reihe von Studien, die über die Gewinnung bestimmter Zelltypen aus Stammzellen hinausgehen. Aktuelle Entwicklungen gehen dahin, das Selbstorganisationspotential der Zellen zu nutzen und diese sollen sich im Gewebe entwickeln.
Das Verfahren wird ganz ohne Stammzellen angewandt, die hauptsächlich aus Embryonen gewonnen werden. Die Forscher nutzten stattdessen pluripotente Stammezellen, die einen eigenen Organismus entwickeln können. Die iPS Zellen entwickeln sich zu verschiedenen Zelltypen, wie Shinya Yamanaka von der Kyoto University beschrieb. Dafür erhielt er 2012 den Nobelpreis für Medizin.
Die Forscher schafften es, dass sich die iPS-Zellen, zu Keimzellen der Leber entwickelten und fügten diesen weitere Gewebezellen hinzu. Was dann in den Schalen passierte, war höchst ungewöhnlich: Die Stammzellen konnten sich selbständig organisieren bzw. Organknospen bilden. Bislang war es so, dass dies nur während der Embryonalentwicklung vorkam.
Gewebe ist noch keine Leber
Man darf nicht außer Acht lassen, dass bei all den Versuchen kein funktionelles Organ erzeugt wurde, sondern nur funktionierendes Lebergewebe. Wegen der völlig unterschiedlichen Aufgaben der Leber ist dies gar nicht so einfach, da diese eine große Bedeutung für den Stoffwechsel hat und das Blut entgiften muss. Die Leber muss ausserdem schädliche Substanzen in die Gallenwege ableiten. Nicht nachvollziehbar sei aber, ob sich diese essentiellen Verbindungen zur Galle auch in den Versuchen der Japaner ausgebildet haben.
Es sind ohnehin noch einige Schritte nötig, bis sich eine vollständige Stammzell-Leber im Labor erzeugen lässt. Das aus Stammzellen gewonnene Gewebe muss auch direkt in der Leber bewiesen werden. Die Forscher verpflanzten im aktuellen Versuch in das Mesenterium der Mäuse, also einen Bereich zwischen Darm und Bauchwand.
Es fehlen zudem Versuche mit Erkrankungen, bei denen der Einsatz des Lebergewebes überhaupt nützlich wären, da es schließlich mehrere Wochen dauert, um das Gewebe aus iPS-Zellen herzustellen. Das dauert also viel zu lange, um Patienten mit akutem Leberversagen zu helfen. Takanori Takebe, einer der Autoren der Studie sagte, dass erste Studien an Menschen frühstens in zehn Jahren beginnen können.